Solo-Begehung des Eisfalls „Männer ohne Nerven”,
Pinnistal, Stubaital, Tirol; Simon Messner: „Nachdem ich diesen Winter sehr viel im Nordtiroler Eis unterwegs war und Linien wie „Eisföhnig” WI6+, „Magier” WI6+, „Himmelsleiter” M7,WI7, „Shark” solo WI5+, „Das Gelbe vom Ei” WI6+, „Liftspur” WI6 usw. klettern konnte, machte ich mich am 4. Feb. 2021 auf ins Pinnistal, um den Superklassiker „Männer ohne Nerven” im Alleingang zu klettern. Damit dieser Trainingstag perfekt wurde, begab ich mich anschließend noch auf eine Skitour: mentales und physisches Training zugleich! Kurz davor, am 12. Jan., war ich schon den Eisfall „Shark“ bzw. „Hexenbesen“ im Pitztal solo geklettert (mit WI5-WI6 anspruchsvoller und deutlich länger als „Männer ohne Nerven“), einer meiner Wunschträume ging damit in Erfüllung.“
Erstbegehung „Eremit“ – der
Einsiedler im Stubaital, M9-, WI7-
Simon Messner und Martin Sieberer eröffneten eine neue Linie im „Amphi-Theater“ (Pinnisalm, 1600 m, Stubai-tal, Tirol). Simon Messner: „Die meis-ten Routen in diesem bekannten Eis-Klettergebiet wurden von Andi Orgler und Partnern schon in den 1980er-Jahren und Anfang der 1990er-Jahre erstbegangen. Sie sind (wenn über-haupt) mit Normalhaken abgesichert und bis heute „abenteuerlich“ geblie-ben. – Eine Ethik, die uns gefällt und als Orientierung für unser eigenes Tun dient.“
Am 8. Feb. 2021 spurten Martin Sieberer und Simon Messner durch den frisch gefallenen Neuschnee zum Sektor „Amphitheater“. Ihr Vorhaben: eine der letzten logischen Linien, die rechts des Eisfalls „Eiszeit“ und links der „Himmelsleiter“ emporzieht. Die erste Seillänge folgt einem überhängenden und sehr splittrigen Riss nach rechts bis man Eis erreicht. Diesen brüchigen Felsteil konnten die beiden Kletterer im ersten Versuch technisch klettern (A2-A3), an eine freie Begehung dachten sie dabei noch nicht: zu brüchig und kaum vertretbar abzusichern!
Da es sehr warm war und das Eis folglich unterspült, wurde die zweite Seillänge zu einem Nervenkitzel. Martin stieg über weiches, schlechtes Eis aufwärts bis er eine dünne Eisglasur erreichte – ihre einzige Hoffnung nach oben. Doch schon beim ersten Schlag mit dem Eisgerät brach die Glasur ab. Martin stand nun vor einem steilen, glatten Felsaufschwung. Er fasste all seinen Mut zusammen und kletterte im Fels (ohne Sicherungsmöglichkeit) weiter nach oben, bis er wieder Eis erreichte (WI7-). Der „Mikro-Hook“, den er zuvor mit seinem ganzem Gewicht belastet hatte, bröckelte Simon im Nachstieg entgegen, nachdem auch er ihn benutzt hatte. Der „Eremit“ war gemeistert, nun musste er aber noch „befreit“ werden.
Eine Woche später kamen Martin und Simon wieder, um einen Freikletterversuch zu unternehmen. Beim Auto hatte es 13° Minus – nicht die besten Voraussetzungen, um eine so steile (und brüchige) Mixed-Linie frei zu klettern. Aber „wer nicht versucht, der nicht gewinnt“… also stiegen die beiden ein. – Nachdem Simon den Felsteil erneut teils technisch geklettert war und die essenziellen Placements in der Route belassen hatte, unternahm Martin den ersten Versuch. Er glückte und auch Simon gelang es, diese Seillänge frei zu klettern (M9-, trad). Heraus kam eine „logische“ Eis- und Mixed-Linie im besten Stil. Bis auf zwei Haken und einen Pecker ist die gesamte Route im Trad-Stil selbst abzusichern (M9-, WI7-, R). Die Erstbegeher wünschen sich, dass sie im Original-Zustand bleibt (also trad und bohrhakenfrei!), wie sie eröffnet wurde.
Routen Infos auf www.bergsteigen.com
Abstieg: 60 Meter abseilen (Schlinge bei Baum).
„Comet“, M7, WI7- (?)
Am 15. Feb. 2021, also am selben Tag, an dem Martin und Simon ihre Route „Eremit“ frei klettern konnten, gelang ihnen die seltene, vielleicht sogar 1. freie (?) Begehung dieser Route von Andi Orgler (1991 erstbegangen und damals mit M8, WI6 bewertet). Den Kletterern ist nur eine Begehung durch Michi Wärthl bekannt, die teilweise technisch erfolgte. Simon Messner: „Alle vorhergegangenen Seilschaften hatten (unseres Wissens zufolge) min-destens eine Stelle technisch geklettert. Das gut gewachsene Eis dieses Winters erlaubte uns nun erstmals die gesamte Route frei zu klettern. Haken konnten wir im oberen Teil der Route keine fin-den. Die Absicherung der Mixed-Passage erfolgte mit kleinen Camalots.“ www.simon-messner.com
Winter-Variante am Fußstein,
Valsertal, Tirol
Martin Sieberer & Simon Messner am 23. Feb. 2021: „Der wechselhafte und ungewöhnlich warme Februar bewegte Martin und mich dazu, zur Nordwest-Wand des Fußstein aufzusteigen. Bereits früh im Winter hatten sich Eisspuren im unteren Teil der Wand gebildet. In der Früh am Wandfuß – es hatte gerade zu dämmern begonnen – waren wir uns zuerst unsicher, ob wir überhaupt einsteigen sollten. Die Wand sah trockener aus als gedacht. Abseilen könnten wir jederzeit, sagten wir uns, und Schlingen für Standplätze hatten wir genügend dabei. Also stiegen wir ein.
Heraus kam eine sehr interessante Winter-Variante im rechten Teil der Fußstein NW-Wand. Im unteren Teil wechseln sich steilere Felsaufschwünge und Schneebänder ab. In der Wandmitte kletterten wir schöne Rinnen in bestem Firn, bis wir ein steiles Schneeband erreichten. Hier steilt sich die Wand kurz auf (markante Schuppe, Schlinge zur Markierung, M6+) bevor wir im oberen Wanddrittel heikle Platten kletterten, die uns zum Ausstieg am Grat, knapp unterhalb des Gipfels führten.
In der Führerliteratur fanden wir nur eine Sommerroute von 1947 (L. Brankovsky & A. Fluch), die sich irgendwo in diesem Wandbereich befinden dürfte. Für mindestens eine Seillänge kreutzten sich beide Touren sogar (alte Schlinge). Somit ist unsere Linie keine ganz eigenständige aber eine interessante Variante für den Winter, die in logischer Linienführung die Schwachpunkte der Wand nützt.“
Infos: Für eine Wiederholung sollte man auf etwas Firn in der Wand warten (die oberen Schneefelder und Platten können trügerisch sein). Zusätzlich zur alpinen Ausrüstung empfehlen wir ein umfangreiches Set Keile, Camalots (v.a. klein bis Gr. 2), 2-3 Eisschrauben, Haken und genügend Schlingen für einen eventuellen Rückzug.
www.simon-messner.com
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Alleinbegehung des Eisfalls
“Shark” im Pitztal
Simon: „Seitdem ich diesen form-schönen Eisfall vor einigen Jahren mit Partner klettern konnte, blieb in mir der starke Wunsch zurück, eines Tages wieder zu kommen um diesen Fall alleine zu meistern. Am 12.1.2021 war es dann soweit, ich konnte den “Shark” (auch “Hexen-besen” genannt) solo begehen – eine über Jahre gehegte Utopie wurde zur Realität, einer meiner Wunschträume ging in Erfüllung. Der Eisfall “Shark” (WI 5+ – WI 6) im Pitztal fällt durch seine eigen-willige Form auf. Er erinnert an einen “Hexenbesen”, der Name ist also durchaus passend. Da der Eisfall zumeist viel Sonne abbe-kommt ist die Zeitspanne für eine sichere Begehung begrenzt. Da ich 60 Meter Reepschnur sowie zwei Eisschrauben und ein Abseilgerät dabei hatte, ist meine Alleinbege-hung genau genommen kein “free solo”, aber das macht nichts … irgendwie musste ich von diesem Eisfall ja wieder runter kommen“ 😉