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Helmut Chorvat, Edward Theodore Compton, William August Brevoort Coolidge, Hans Peter Cornelius

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Helmut Th. Chorvat, langjähriger Alpenklubsekretär, danach Archivar; *9.2.1940 – +20.2.2024, Klubmitglied seit 1963. – Eine Verneigung: Ein Abschied von einem, den fast alle im ÖAK kannten – und doch im Grunde kaum genauer kannten: Denn ein Teil seiner Persönlichkeit, der „private“, war wie durch einen Schleier vom „offiziellen“ getrennt. Das „Th.“ seines zweiten Vornamens bedeutete Theophil, „der von Gott geliebte“. Von wegen: durch einen Arbeitsunfall hat er das linke Auge verloren, und auch sonst war sein Dasein nicht frei von schweren Schlägen, deren Folgen er in eben diesem privaten Raum verschloss, zu dem kaum jemand Zutritt erlangte.

„Mr. Alpenklub“: wenn jemand diesen Titel verdient hätte, dann er – allein schon deshalb, weil praktisch alle Tischler-Arbeiten in den Klubräumen (mit Ausnahme einiger alter Regale in der Bibliothek) aus seinen Händen hervorgegangen sind. Deswegen war er mit allen Details der Räumlichkeiten vertraut, wo er im Lauf der Jahre förmlich in jede Pore hineingewachsen ist. Sein Tätigkeitsfeld ging weit über die Anwesenheit an Donnerstagen hinaus: er hat den Klub beinahe als zweites Zuhause empfunden, wo er als „Hausherr“ in vielerlei Hinsicht für Ordnung sorgte. So war er beispielsweise sehr geschätzt im persönlichen Umgang mit Gästen im Klub, er bewies Stil, war ein interessanter und interessierter Gesprächspartner und überraschte immer wieder mit umfassender Bildung.

Als selbständiger Tischlermeister in geschäftlichen Belangen versiert, hat er 1998 von Willi Reichenvater die Tätigkeit als Sekretär übernommen. „Da bin ich in große Stiefel gestiegen – ich hoffe, ich schaffe das“, sagte er am Beginn seines bis 2017 andauernden, intensiven Engagements für den ÖAK. Während dieser rund zwei Jahrzehnte war er der kompetente Ansprechpartner für die Mitglieder, und seine Anwesenheit im Klub an den Donnerstagen wurde fast als selbstverständlich empfunden, so wie das Funktionieren der Elektrizität – er wurde im Lauf der Jahre daher auch zum Rettungsanker bei allen erdenklichen Problemen („… da müssen wir den Helmut fragen“). Im Lauf seiner insgesamt sechs Jahrzehnte Zugehörigkeit ist er zu einem lebenden Archiv geworden. Doch als echter Secretarius (wörtlich: Geheim-Schreiber) hat er sein Wissen über fast alles von fast jedem diskret zu verwalten verstanden. Und mit diplomatischem Geschick („… den werde ich einmal anrufen“) wusste er im Hintergrund so manche Unebenheit zu glätten. Besonders an ihm zu schätzen war aber etwas, das allmählich scheinbar aus der Mode gekommen ist: das Element des uneitlen Dienens für eine Sache. Helmut Chorvat vertrat den Alpenklub auch häufig bei offiziellen Anlässen wie den Jahresversammlungen diverser Alpinvereine. Zum Beispiel auch beim VAVÖ, dem Verband alpiner Vereine, und wurde so allmählich zu einem Element der Wiener Alpinszene, die er in vielen ihrer Verästelungen kannte.

Ein Lebensbergsteiger, selbstverständlich! Sein Tourenverzeichnis für die Aufnahme in den ÖAK (1963) ist beeindruckend. Angefangen von den damals schwierigsten Rax-Anstiegen, über zahlreiche Klassiker wie Roßkuppen-Kante, Fleischbank-Ostwand, Badile-Kante, Dru-Überschreitung, Dachl-Nordwand, selbstverständlich einer Reihe von Viertausendern, bis zu hochkarätigen Routen wie Dachl-Roßkuppen-Verschneidung, Stangenwand-SO-Wand, Predigtstuhl-Westwand-Direttissima, Buhlweg in der Rotwand-Westwand, Westl. Zinne Nordwand (Cassin), Kleinste Zinne SO-Wand und Grand Capucin-Ostwand. Da waren seine Partner meist Walter Gstrein und Heli Drachsler. – Als es einfacher möglich wurde, konnte er auch dem Ruf der fernen Berge folgen. Etwa noch zu Sowjet-Zeiten auf den Pik Lenin, auf Mt. Kenya, Elbrus, nach Äthiopien, Bolivien (inkl. Revolution!), und in zahlreiche weitere Berggebiete, die sämtlich aufzuzählen sich für einen „kompletten Alpinisten“ erübrigt.

Parallel zum Alpinismus wandte er sich im Lauf der Zeit dem Laufsport zu, und absolvierte regelmäßig Laufwettbewerbe, Städte-Marathons (Berlin, New York) und Bergläufe, und hat so auch innerhalb dieser Sparte lange andauernde Freundschaften aufgebaut. Nachruf

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unnamedEdward Theodore Compton, geb. am 29. 7. 1849 in Stoke-Newington (Vorstadt Londons, GB), gest. am 23. 3. 1921 in Feldafing (D); Compton war der älteste Sohn eines Versicherungsbeamten, der gerne malte. Die Familie war sehr gläubig (Quäker). Edward besuchte das Gymnasium der Quäkerschule in Südcot bei Winscombe und verschiedene englische Kunstschulen, da er besonders talentiert war. Er malte Naturstudien von den englischen Seengebieten, in denen seine Familie die Sommer verbrachte.

Als 18-jähriger übersiedelte Compton 1867 nach Darmstadt. 1872 heiratete er die Münchnerin Gusti von Romako und unternahm mit ihr eine zweijährige Reise, die nach Tirol, Kärnten und Italien führte. 1874 ließen sich die beiden in Feldafing nieder bei München nieder.
E.T. Compton unternahm weiterhin Reisen – nach Nordafrika, Spanien, Korsika, in die Hohe Tatra, ins schottische Hochland, auf die Hebriden und von Skandinavien zu den Lofoten und bis zum Nordkap. Den größten Eindruck machten auf ihn hochalpine Szenerien wie im Berner Oberland, so dass er sich nur mehr der Gebirgsmalerei widmete und zum begeisterten Bergsteiger entwickelte (rund 300 bedeutende Ersteigungen). Dies ermöglichte es ihm, bis ins Hochgebirge vorzudringen und authentische Werke zu schaffen. Es gibt kaum Gebiete der Alpen, die er nicht gemalt hat. Seine rund 2000 realistischen Ölbilder und Aquarelle, Tuschezeichnungen und topographisch genauen Hochgebirgsdarstellungen machten E. T. Compton weithin bekannt und sind von dokumentarischem Wert über die Frühzeit des Alpinismus. Dazu kam seine Tätigkeit als Illustrator für alpine Zeitschriften  (u.a. mehr als drei Jahrzehnte für DÖAV-Vereinsschriften) und Publikationen wie z.B. in Emil Zsigmondys Buch „Im Hochgebirge“ (1889), in „Alpinismus in Bildern“ von Steinitzer (1913) oder „Über Fels und Firn“ von H. Hess (1901). Viele seiner Arbeiten kamen als Ansichtskarten auf den Markt, die heute in Sammlerkreisen sehr geschätzt werden. Auch alpine Vereine erwarben seine Bilder und in so manchem Vereinslokal hängt ein „echter Compton“ an der Wand.
Während des Ersten Weltkriegs wurde Compton vom Österr. Heereskommando eingeladen, Bilder von der Gebirgsfront zu malen. Das Bayer. Oberkommando untersagte ihm dies aber, obwohl Berlin zugestimmt hatte. Zudem wurde er von der Münchener Künstlergenossenschaft ausgeschlossen, weil er Engländer war. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte er sich mit seinen Werken an zahlreichen Ausstellungen beteiligen, was seiner Popularität als Künstler, der seit 1880 auf eine Mitgliedschaft bei der angesehenen Royal Academy verweisen konnte, sehr entgegenkam. Mit seinen Arbeiten beeinflusste er auch die Werke seines talentierten Sohnes Edward Harrison Compton (1881–1960).
Unter E.T. Comptons zahlreichen Touren finden sich nicht weniger als 27 Neutouren bzw. Erstersteigungen u.a.: 1882 – Erstbegehung der Cima Brenta-Südwand; 1887 – Fermedaturm; Campanile di Val Montanaia; 1899 – Streifzüge durch die Alpen als Alpenmaler. Nach Purtscheller nimmt Compton von allen trefflichen Bergsteigern, mit denen zu wandern mir beschieden war, unbestritten den ersten Platz ein„, schrieb Dr. Karl Blodig. „Sein glänzendes bergsteigerisches Können auf Eis und Fels, seine geradezu bewundernswerte Ausdauer, seine unerschöpfliche Geduld im Ertragen von Mühseligkeiten, sein wirklich geniales Pfadfindertalent, sie alle werden vielleicht noch von seinem erhabenen Gleichmute und seiner unverwüstlichen olympischen Heiterkeit übertroffen.“
Diese Leistungen waren es, die 1880 den exklusiven britischen Alpine Club bewogen, E. T. Compton die Mitgliedschaft anzubieten. Im selben Jahr konnte er auch dem Österr. Alpenklub beitreten. Darüber hinaus nahmen ihn der Deutsche und Österr.  Alpenverein (DuÖAV) und der Schweizer Alpenklub (SAC) auf. 1919 führte Compton seine letzte  Bergtour auf den Großglockner. Anlässlich seines 70. Geburtstags wurde der Bau der Compton-Hütte am Reißkofel (Kärnten) beschlossen, ihre Eröffnung fand jedoch erst nach seinem Tod 1928 statt.
Quellen: Gerhard Schirmer, Archiv Proksch (Österr. Alpenklub); http://www.alpinwiki.at/portal/navigation/erst-besteiger/erstbesteigerdetail.php?erstbesteiger=6563;
https://www.bergnews.com/service/biografien/compton/edwar-theodore-compton.php;

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400px-Coolidge,_William_Augustus_Brevoort,_par_Hills_&_Saunders,_BNF_Gallica_(cropped)William August Brevoort Coolidge, geb. 28. 8. 1850 bei New York (USA) als ältester Sohn von Frederic William Skinner Coolidge und Elisabeth Neville Brevoort; gest. 8.5. 1926 in Grindelwald (Schweiz). Coolidge war ein schwächliches und kränkliches Kind, dem niemand zutraute, dass es einmal über 1700 Bergfahrten mit mehr als 900 hohen Gipfeln unternehmen könnte. Sein Name ist unzertrennlich verknüpft mit der historischen klassischen Zeit des Alpinismus – als Bergsteiger, Pionier, Erschließer, Literat und Alpin-Historiker. Schon seine Großeltern mütterlicherseits reisten viel in der Welt herum – zu einer Zeit, wo es weder Eisenbahnen noch Dampfschiffe gab. Sie besuchten das Berner Oberland des öfteren, gelangten 1831 zu Pferd über die Kl. und Gr. Scheidegg und bestiegen im August 1835 das Faulhorn.
Zwölfjährig besuchte Coolidge die St. Pauls Schule in Concord (New Hampshire), dann kam er nach England ins Elisabeth College in Guernsey, studierte von 1869 bis 1875 am Exeter College (Universität Oxford), wo er später einige Jahre als Professor für englische Geschichte wirkte und 1871 den Universitätspreis für Französisch erhielt, moderne Geschichte 1873, Jurisprudenz 1874, wurde Stiftsherr am St. Magdalen College Oxford 1875, Magister Artium 1876, Professor für englische Geschichte am St. Davids College, Lampeter 1880. 1882 wurde er Diakon, ein Jahr später Priester. Am St. Magdalen College in Oxford  war 1881-1885 moderne Geschichte sein Thema.
Mit 15 Jahren begann Coolidge auf Berge zu steigen, mit 17 Jahren stand er auf der Jungfrau. Von 1870 an gelangen ihm zahlreiche Erstbesteigungen (
55 davon im Massif des Écrins, Erschließer der Gran Paradiso-Gruppe),  dazu kommen zahlreiche neue Wege auf bereits bestiegene Berge. Beinahe jedes Alpengebiet wurde von ihm besucht. Mit den ersten Winterbesteigungen von Jungfrau, Wetterhorn (1874) und Schreckhorn (1879) wurde Coolidge auch zum Pionier des Winterbergsteigens – eine besondere Leistung, da damals Schneereifen das einzige Hilfsmittel waren.
Coolidge ging ausschließlich mit Führern, sein Leibführer war Christian Almer. Oft begleiteten ihn seine Tante, Miss Brevoort und sein Hund Tschingel, der den Besitz der Ehrenmitgliedschaft im englischen Alpenclub mit nur wenigen Sterblichen teilte. In seinem 
„“Tourenbuch“ standen 53 selbständig durchgeführten Hochtouren, darunter 11 Erstbesteigungen. Zu seiner Zeit galt Coolidge als einer der besten Kenner der Westalpen nur Ludwig Purtscheller erstieg eine ähnliche Anzahl hoher Gipfel. Zwei 1877 erstbestiegene Spitzen im Écrins wurden nach ihm benannt: der Pic Coolidge, 3756 m, und die „Cime Coolidge“, 3578 m, die höchste Spitze des Pic d’Olan – sowie auch ein 1879 von ihm erstmals erstiegener Pass in den italienischen Seealpen, der Colletto Coolidge, ca. 3220 m. Touren usw. Coolidge Touren usw.
Quelle: Gerd Schauer, Isny; http://www.alpinwiki.at/portal/navigation/erst-besteiger/erstbesteigerdetail.php?erstbesteiger=2659
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Hans Peter Cornelius

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